ECVM steht für Equine Complex Vertebral Malformation. Hinter den vier Buchstaben verbirgt sich eine Anomalie des sechsten und siebten Halswirbels betroffener Pferde. In einigen Fällen sind auch die ersten beiden Rippen verändert, oder nicht angelegt. Experten gehen davon aus, dass hinter der Malformation eine genetische Ursache steckt und warnen vor einer weiteren Ausbreitung in der Pferdepopulation.

Seit wenigen Jahren sorgen die vier Buchstaben ECVM für Aufregung in der Pferdewelt. In diesem Artikel gehen wir der Frage auf den Grund, worum es sich bei der Halswirbelsäulenveränderung geht und welche Symptome auf das Vorliegen von ECVM hindeuten können.
Was ist ECVM?
Bei einer ECVM (Equine Complex Vertebral Malformation) handelt es sich um eine Missbildung der hinteren Halswirbel (C6 und C7) sowie der ersten Rippe. Genau wie Form und Ausprägung der Missbildung extrem variabel sind, kann der Schweregrad der Symptome extrem unterschiedlich sein.
Bei der ECVM treten morphologische Veränderungen der betroffenen Knochen auf. Das heißt, Teile des Wirbelknochens können entweder einseitig oder gar beidseits fehlen. In anderen Fällen weicht die Knochenform deutlich vom anatomischen Bauplan des Wirbels ab. (Bilder hier)
Die Folge dieser abweichenden Knochenform wird klar, wenn man sich vor Augen führt, wofür die fehlenden Knochenfortsätze beim gesunden Pferd wichtig sind.
Die entsprechenden Knochenteile dienen als Ansatzpunkt für die Muskulatur, fehlen nun ganze Wirbelfortsätze, sucht sich der Muskel einen alternativen Ansatzpunkt am Knochen. Dadurch wird die Zugrichtung des Muskels verändert und der physiologische Bewegungsablauf gestört. Schlimmer wird es noch, wenn eine einseitige Fehlbildung des Wirbels vorliegt, denn dann kommt es zu einer asymmetrischen Kräfteverteilung.
ECVM ist eine angeborene Fehlbildung, die durch Vererbung weitergeben wird. Der Erbgang ist allerdings bis heute noch nicht hinreichend erforscht.
Folgen der ECVM auf die Halswirbelsäule
Durch die Wirbelmissbildungen und der dadurch veränderten Biomechanik der gesamten Halswirbelsäule und ihrer Muskulatur entsteht in vielen Fällen eine Instabilität im HWS-Bereich. Die Folge kann die Ausbildung von schmerzhaften Facettengelenkarthrosen sein, aber auch eine Stufenbildung zwischen zwei Wirbeln. Dies kann unter Umständen zu einer sogenannten Ataxie führen, also einer neurologischen Auffälligkeit des Gangbildes.
Welche Rassen sind von ECVM betroffen?
Die Veränderung an den hinteren Halswirbeln konnte bei fast allen Rassen der domestizierten Pferde beobachtet werden. Interessanterweise konnte ECVM bei der Sichtung von Wildpferdeknochen in keinem Fall entdeckt werden.
Häufig von ECVM betroffene Pferderassen sind:
- Warmblutpferde
- Vollblüter
- Traber
- Irish Sportshorse
- Quarter Horse
- Araber
Welche Symptome haben Pferde mit ECVM
Die Symptome einer ECVM beim Pferd können extrem unterschiedlich sein und reichen von “kaum auffällig” bis “extrem beeinträchtigt”. Folgende Anzeichen können auf das Vorliegen einer ECVM hinweisen:
- Koordinationsstörungen
- Häufiges Stolpern oder gar Stürzen
- Unerklärliche, wechselnde Lahmheiten
- Schmerzgesicht
- Schmerzen bei der Berührung im Halsbereich
- Asymmetrie der Vordergliedmaßen häufig Vorstellen immer derselben Gliedmaße.
- Erhöhte Muskeltonus im Hals- und Rückenbereich.
- Probleme in der Biegung.
- Widersetzlichkeit beim Reiten.
- Kopfschlagen
- Verwerfen beim Reiten
- Unberechenbarkeit und plötzliches Scheuen
Die Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig, da sich das Problem ECVM häufig unspezifische äußert und bei jedem Pferd andere Symptome hervorrufen kann. Natürlich kann Dein Pferd auch aus anderen Gründen, wie beispielsweise orthopädischen Schmerzen Auffälligkeiten beim Reiten zeigen. Hierfür empfehle ich Dir mal einen Blick auf die Liste mit den 24 Anzeichen von Schmerzen beim Reiten zu werfen.
Wie wird ECVM beim Pferd diagnostiziert?
Die einfachste Methode, um eine ECVM beim Pferd zu diagnostizieren, ist eine Röntgenuntersuchung. Die Missbildung der Wirbelfortsätze ist auf Röntgenaufnahmen sicher zu erkennen. Diese können in der Regel unter Sedierung im heimischen Stall, oder besser in einer Klinik angefertigt werden. Einiger Folgeveränderungen sind allerdings nur mittels einer Untersuchung im CT oder einem Kontrastmittelröntgen nachweisbar.
Die Kosten für eine Untersuchung auf ECVM beim Pferd mittels Röntgen sollten sich im Rahmen von 150 bis 300 € bewegen.
Ein Gentest zur Feststellung von ECVM ist noch nicht verfügbar. Dieser wird wohl auch noch viele Jahre auf sich warten lassen, da bislang noch nicht bekannt ist, welche Gene für die Ausbildung der Fehlbildung verantwortlich sind.
Mein Pferd hat ECVM, wie geht es weiter?
Die Therapie von ECVM beim Pferd variiert von Fall zu Fall. Denn der Behandlungsplan muss für jeden Patienten abhängig von den Symptomen und dem Verlauf individuell angepasst werden. Auch ist es wichtig, die Behandlung im Lauf der Zeit anzupassen, da sich das Problem mit der Zeit wandeln kann.
Therapie von Pferden mit ECVM
Das Therapieprogramm zielt im Kern darauf ab, die Instabilität in der Halswirbelsäule zu behandeln. In vielen Fällen ist es allerdings auch notwendig, die durch die Fehlbildung entstandenen Schäden an den Facettengelenken zu behandeln. Dies findet in der Regel durch eine gezielte, entzündungshemmende Therapie statt.
Therapiemethoden für ECVM beim Pferd:
- Physiotherapie kann helfen, Verspannungen zu lösen und die Stabilität des Halses zu fördern. Mit gezielten Übungen kann auch die Propriozeption verbessert werden. Hierzu eignen sich beispielsweise auch Balance Pads*
- Es sollte exzellente Hufpflege betrieben werden, da sich Hufstellung und Probleme der Halswirbelsäule gegenseitige beeinflussen können.
- Eine regelmäßige Zahnbehandlung ist wichtig, um asymmetrische Abnutzung des Gebisses frühzeitig zu erkennen und ausgleichend behandeln zu können.
- Das Training sollte an die Bedürfnisse des Pferdes angepasst werden. Dies kann nur geringe Veränderungen beim Reiten beinhalten oder den kompletten Verzicht auf reiterliche Arbeit bedeuten.
Kann man Pferde mit ECVM reiten?
Die Frage, ob ein Pferd mit ECVM geritten werden kann, ist extrem davon abhängig, wie stark die Symptome des betroffenen Pferdes sind. Da diese von Pferd zu Pferd stark variieren können, ist es schwierig eine pauschale Antwort zu geben.
Beachte, dass einige Symptome (Ataxie, Niederstürzen) auch für den Reiter gefährlich werden können. Sollte ein Pferd Koordinationsstörungen zeigen, ist daher ganz deutlich von einer reiterlichen Nutzung abzuraten.
Weniger stark betroffene Pferde hingegen können von dem richtigen Training unter dem Sattel sogar profitieren. Durch gezieltes Training kann in einigen Fällen die Muskulatur des Halses so stabilisiert werden, dass die Symptome kaum noch wahrnehmbar sind. Dabei ist eine stetige Anpassung des Trainingsprogramms essenziell, um jederzeit auf die Ansprüche des Pferdes eingehen zu können.
Tipp: In jedem Fall sollte die Frage, ob ein Pferd geritten werden kann, erst mit einem fachkundigen Tierarzt geklärt werden.
Zusammenfassung
ECVM ist eine angeborene, erbliche Fehlbildung der hinteren Halswirbel (C6 und C7) sowie des ersten Brustwirbels. Die Symptome sind sehr variabel und unspezifisch und können von fast komplett unauffällig bis zu schweren neurologischen Störungen reichen.
Die Diagnose wird durch eine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule gestellt. Ein Gentest ist bislang nicht verfügbar und wird wohl noch Jahre auf sich warten lassen, da der Erbgang noch nicht erforscht ist.